Montag, 23. November 2009

RA Dr. Zimmermann - Was wird später aus meinen Büchern?

fragten sich offensichtlich viele Bibliophilen, denn das Interesse an dem so betitelten Vortrag war groß.

Der Referent ging sachkundig und lebendig auf die Möglichkeiten ein, die sich dem nachdenklichen Sammler bieten, wobei er immer im Blick behielt, dass sicher einige der Anwesenden über liebevoll zusammengestellte Büchersammlungen verfügen (er selbst auch), dass aber kulturell bedeutende Sammlungen, die von Bibliotheken und Museen "mit Kußhand" genommen werden -wie die von Fürstenberg, von Kuczinski oder von Fühmann - nicht die Regel sind . Desungeach-tet wurden viele denkbare Alternativen für Nachlaßregelungen mit ihren Vor- und Nachteilen vorgestellt. In der Reihenfolge von der wünschenswertesten zur realistischen sind das:


? Stiften oder Zustiften
Grundsätzlich kann jedermann eine Stiftung errichten, die z.B.kulturellen Zwecken dient und die seinen Namen für die Nachwelt erhält. Er muß dann aber auch dafür sorgen, dass die Stiftung (z.B. eine Spezialbibliothek wie die Gerd Buccerius Bibliothek in Hamburg) lebensfähig bleibt. Er müßte also zusätzlich zu den Büchern eine namhafte Summe für die Pflege, Betreuung und Kataloge stiften. Nur in ganz seltenen Fällen kann hier noch mit einem öffentlichen Engagement gerechnet werden.
? Verkauf zu Lebzeiten unter Vorbehalt des Nießbrauchs oder Nutzungsrechts
Der Sammler kann versuchen, seine Sammlung an eine Bibliothek oder einen Antiquar zu verkaufen, sie dann aber bis zum Tode weiter zu nutzen. Der Käufer wird das nur mittragen, wenn die Sammlung sehr begehrenswert und der Verkäufer schon sehr betagt ist, denn der Erwerber trägt das Risiko von Verlust und Beschädigungen der Bücher, wenn der Verkäufer dafür nicht aufkommen muß oder kann und auch keine Versicherung einspringt.
? Vererben
Wenn der Erblasser überhaupt keine Regelungen zu Lebzeiten (Testament oder Erbvertrag) trifft, dann geht der Nachlass an die gesetzlichen Erben, in der Regel also an Ehepartner und Kinder. Wenn damit zu rechnen ist, dass diese so mit dem Nachlass umgehen, wie der Erblasser es sich vorstellt, dann sind die Gegebenheiten ideal. Wenn er dagegen befürchten muß, daß dann die Bücher beim Trödler oder der Müllabfuhr landen, dann liegt es nahe andere, würdigere Personen (z.B. einen bibliophilen Freund oder Verein) als Erben einzusetzen oder - wenn noch ein erheblicher anderer Nachlaß vorhanden ist, der den Verwandten zukommen soll - zumindest mit einem Vermächtnis zu bedenken. Ein Erbe wird mit dem Ableben des Sammlers sofort Eigentümer des Nachlasses, hier also insbesondere seiner Büchersammlung. Allerdings steht u.a. dem Ehepartner und den Kindern des Verstorbenen grundsätzlich auch ein Anteil am Erbe zu: der sog. Pflichtteil. Dieser ist in Geld, berechnet nach dem Wert der Bibliothek, in Höhe des hälftigen gesetzlichen Erbteiles auszuzahlen, so daß bei wertvollen Bibliotheken und fehlendem sonstigen Nachlaß möglicherweise Teile derselben verkauft werden müßten, um Pflichtteilsansprüche erfüllen zu können.
Wenn der Erblasser statt dessen einem bibiophilen Freund seine Sammlung als Vermächtnis aussetzt, dann besteht das Problem, daß der Vermächtnisnehmer nur einen Anspruch auf Aushändigung der Sammlung gegenüber den Erben hat. Er ist also nicht sofort im Erbfall ihr Eigentümer, und er kann nur schwer überprüfen, welche Bücher tatsächlich zum Todeszeitpunkt des Sammlers noch vorhanden sind und dem Vermächtnis unterfallen. In einem möglichen Gerichtsverfahren gegen die zur Herausgabe "unwilligen" Erben muß er den Beweis für den tatsächlichen Umfang der ihm vermachten Bibliothek führen, was trotz bestehender Auskunftspflichten durch die Erben häufig mangels Beweismitteln nicht leicht sein dürfte.
? Verschenken
Das Verschenken an Sammlerfreunde zu Lebzeiten kann wie ein vorweggenommenes Vermächtnis betrachtet werden. Das beim bisherigen Gesetzeszustand häufige Problem von sog. Pflichtteilsergänzungsansprüchen des pflichtteilsberechtigten Personenkreises, wenn sich der Erblasser "arm geschenkt" hat und kein Nachlaß bei seinem Tod mehr vorhanden ist, wurde für die Zukunft (ab 01.01.2010) dadurch entschärft, daß diese innerhalb der geltenden Zehnjahresfrist pro rata temporis abschmelzen. Der Beschenkte muß also nicht mehr den vollen Wert einer Sammlung an die Pflichtteilsberechtigten erstatten, wenn der schenkende Sammler kurz vor Ablauf der Jahresfrist stirbt.
Aufgrund der Kompliziertheit der erbrechtlichen Materie konnten nur einzelne wichtige Problemkreise in dem Vortrag angesprochen werden. In einer anschließenden Fragerunde ging der Vortragende dann noch auf einzelne Fragen der anwesenden Mitglieder ein. So war der Abend trotz der "trockenen" juristischen Gemengelage für alle Teilnehmer sehr anregend und informativ.

(Bernd Illigner)

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