Montag, 23. Juni 2014

Carola Pohlmann - Das Kinderbuch erklärt den Krieg

Die Referentin gab einen Einblick in das Kinder- und Bilderbuch der Abteilung Krieg, die auf Initiative Wilhelm I, damals noch König von Preußen, seit 1870 in einer eigenen Sammlung zusammengeführt, paradoxer Weise auch durch Kriege wieder stark dezimiert wurden. Viele der beprochenen Titel konnten die Hörer dennoch genauer betrachten.
© Staatsbibliothek zu Berlin
Speziell in der Zeit des Ersten Weltkriegs, welcher durch die Referentin schwerpunktmäßig behandelt wurde, waren Kinder- und Jugendbücher bei allen kriegsführenden Parteien ein wichtiges Mittel zur Propagierung militaristischen und chauvinistischen Gedankenguts. Die ideologische Kriegsführung dokumentiert sich in Bilderbüchern und in hurra-patriotischen Erzählungen für Jungen und Mädchen ebenso wie in Schulbüchern und mahnenden Aufrufen an die Jugend zur „Vaterlandsverteidigung". Das Spektrum der Meinungsmanipulation reicht von der Verharmlosung der Schrecken des Krieges durch die Schilderung „heiterer Erlebnisse aus großer Zeit" bis zu kriegshetzerischen und rassistischen Jugendbüchern, die das Denken ganzer Generationen beeinflusst haben. Hierbei konnte Frau Pohlmann einen deutlicher Zusammenhang zwischen der aktuellen Kriegssituation und der Art und Weise der Darstellung des Krieges nachweisen.
Leider, so mussten die Teilnehmer der Veranstaltung zur Kenntnis nehmen, kann eine Ausstellung zu diesem Thema vom 3. August bis zum 12. Oktober 2014 nur im Bilderbuchmuseum Troisdorf gezeigt werden - eine kleine Vitrinenausstellung zum Kinderbuch im Krieg wurde bedauerlicher Weise Ende April für nur eine Woche im Foyer der Staatsbibliothek aufgebaut. Getröstet wurden die Teilnehmer des Abends jedoch durch die Ankündigung eines umfangreichen Ausstellungskatalogs, der dann auch in der Staatsbibliothek zu haben sein wird.

(Abel Doering)
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Protokoll des Abends vom 23. Juni 2014
Das Kinderbuch erklärt den Krieg

Thema des Berliner Bibliophilen Abends am 23. Juni 2014. Die Mitglieder und Gäste des BBA trafen sich zu einem Vortrag von Frau Carola Pohlmann in der Außenstelle der Staatsbibliothek am Westhafen. Zum 100. Jahrestag des Beginns des Weltkriegs I bieten sich viele Themen an, erinnert sei an den Vortrag über H. Zille von Herrn R. Templin. Das Kinderbuch während dieser Zeit auch ein interessantes und noch nicht gründlich bearbeitetes Thema. Literatur mit militärischem Inhalt auch für Kinder und Jugendliche hat es wohl zu jeder Zeit in vielen Ländern gegeben. Seit dem gewonnenen Deutsch- Französischem Krieg und der anschließenden Verkündung des Deutschen Reiches 1871 nahm die Anzahl der entsprechenden Bücher hier langsam immer mehr zu, um dann bei Beginn des Krieges 1914 und in den folgenden Jahren, was Titel und Auflagen anbelangt, sehr stark anzusteigen. Eine gleiche Tendenz konnte man in Frankreich, Großbritannien und den anderen Ländern beobachten, der Patriotismus, die Opferbereitschaft, der Tod für das Vaterland traten an vorderste Stelle auch bei den Büchern für die Kinder. Traditionelle Darstellungen der Kämpfe von Mann gegen Mann, mit der Kavallerie, ritterlich mit einem Schuss Sentimentalität, das Geschehen beschönigend überwogen erst einmal im Inhalt und bei der bildlichen Begleitung. Da wurde das Soldatenleben vorgezeigt, auch als Anleitung zum Nachspielen: Ausrüstung, die Gliederungen in Mannschaften und Offiziere, die Kommandos, Disziplin, Biwakordnung und vieles mehr. Erzieherisch, um auch auf den Tag der Einberufung vorbereitet zu sein. Dabei wurde der wirkliche Krieg, die brutale Materialschlacht mit Trommelfeuer, Maschinengewehr, Gas, der Stellungskrieg, die Angst, der Hunger, der Feind und auch der Tod oder die Verstümmelung weggelassen. Dafür aber lustiges Leben im Schützengraben und überhaupt in allen Kampfgebieten, harmlose, natürlich siegreiche Begegnungen mit dem Feind, der kleine Willy und Heini, die Heldentaten vollbringen, lieb Vaterland magst ruhig sein, auch die Zivilbevölkerung litt in der Heimat eine gewisse Not, die aber durch gegenseitige Hilfe, Verständnis und Glauben an den Sieg gelindert werden konnte, auch für die Mädchen gab es etwas: „Nesthäkchen und der Weltkrieg“ von Else Ury. Mit der Dauer des Krieges, der zunehmenden Not, den vielen Verwundeten und Toten wurde die Darstellung des Krieges realistischer, aber auch aggressiver und blieb natürlich patriotisch, haltet aus im Sturmgebraus, der Heldentod erzeugt Trauer, aber die Heimatstadt wird später ein Denkmal errichten. Nach dem Krieg gab es nur bei wenigen Autoren ein Einsehen in eine vergangene Wirklichkeit der Kriegsjahre, wie es gewesen war, die Erinnerungen der Überlebenden wurden ausgeschmückt, Helden wurden gefeiert, Revanche wurde bald angedacht und dann angekündigt. Zum Weltkrieg II stiegen Auflagen und Titel entsprechender Bücher für die Jugend erneut stark an.

Dr. Christian Klinkenstein

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