Heute Abend gestaltet Hendrik Liersch, Inhaber der Corvinus Presse, für die Mitglieder und Gäste des BBA einen Abend im Haus am Lützowplatz über Victor Otto Stomps. Äußerst detailreich und mit umfassender Kenntnis zu Hintergründen, Editionen und beteiligten Künstlern berichtete der Stomps-Preistrger von 2009, für die teilnehmenden Bibliophilen nicht zum ersten Mal, aber trotzdem häufig unterbrochen von Nachfragen und immer wieder mit neuen Fakten angereichert, über die 1926 in Berlin gegründete Rabenpresse, beginnend mit der, bereits nach einem Jahr wieder eingestellten, Literaturzeitschrift Der Fischzug unter der Redaktion von Walther G. Oschilewski und über die 1932 bis 1934 erschienene Zeitschrift Der weiße Rabe, die Stomps teilweise selbst als Redakteur zusammenstellte. Um Stomps und seine Rabenpresse kristallisierte sich bekanntlich ein äußerst anspruchsvoller literarischer Kreis, ein solcher fand sich nach der Niederschlagung des Deutschen Faschismus in der 1949 von V.O. Stomps in Frankfurt/M gegründeten Eremitenpresse und noch einmal 1967 in West-Berlin in seinem dritten Verlag die Neue Rabenpresse zusammen.
Hendrik Liersch, der sich bereits mit 16 Jahren für das Sammeln von Büchern und später für V.O. Stomps begeisterte, präsentierte äußerst seltenen Stücken aus seiner Sammlung, darunter zahlreiche Privatdrucke, die Stomps noch bis 1943 nach dem Verkauf der Rabenpresse herstellte und auch von ihm in amerikanischer Kriegsgefangenschaft geschaffene Titel.
_____________________________________Protokoll des Abends vom 26. Januar 2015
Die Mitglieder und Gäste des Berliner Bibliophilen Abends trafen sich in diesem Jahr zum ersten Mal am 26. 1. 2015 wieder im Haus am Lützowplatz.
Herr Hendrik Liersch, in dessen Werkstatt wir vor etwa einem Jahr waren, berichtete über den Drucker
Viktor Otto Stomps (1897 – 1970)
Geboren in Krefeld als Sohn eines Rechtsanwalts entschied er sich nach einem Semester Jurastudium zu einer Banklehre. Im 1. Weltkrieg bringt er es zum Oberleutnant.
Einige Jahre nach dem Krieg wandte er sich der Herstellung schöner Bücher zu und gründete 1926 die Rabenpresse, förderte damals unbekannte Autoren: Paul Zech, Gertrud Kolmar, Hanna Höch und andere. In den Dreißigern verlegte er auch den spanischen Dichter G. Lorca. Mit seinem Programm eckte er bei den Nazis an, 1935 werden alle jüdischen Dichter verboten. In seiner Wohnung finden aber ab und zu weiter Lesungen mit linken, wohl auch jüdischen Dichtern statt. 1937 muss er den Verlag verkaufen. Bei Beginn des 2. Weltkriegs meldet er sich zur Wehrmacht, eine Art Flucht, da er sich verfolgt fühlte. Er bringt es hier bis zum Regimentskommandeur und gerät in amerikanische Gefangenschaft, wo er versucht kleinere Bücher in geringer Auflage zu machen, Herr Liersch zeigte eines dieser damals entstandenen Bücher.
1949 gründet er in Frankfurt (Main) die Eremitenpresse, verlegt Gedichte von Paul Celan, ihm selbst wird sogar ein kurzes Gedicht von Celan gewidmet. Weitere Autoren sind G. Wohmann G. Vesper, K. Staeck und H. Antes. Dann kommt es zum Zerwürfnis mit den Mitinhabern des Verlags (1967), er versucht noch einmal einen Neuananfang mit der neuen Rabenpresse in Berlin, aber bereits 1970 verstirbt er in Berlin Kreuzberg. Der Referent hatte einige seiner seltenen Sammlerstücke mitgebracht, die dann angesehen werden konnten.
Zu Beginn der Veranstaltung gab der Vorsitzende Herr Dr. Ziegler einige Hinweise zum Programm des Jahres 2015, wobei er auf die bleibende Attraktivität schöner Bücher auch im Zeitalter der Medieneuphorie hinwies.
Dr. Christian Klinkenstein
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